WORTSTEINE
Installation/Performance

Wortsteine:
Ein Alltagserlebnis erwies sich als wegweisend für Tobias Freudes künstlerisches
Schaffen. Er stieß wiederholt auf Sinnsprüche, Glücksversprechen oder Zitate, die als
Werbegag verschiedenen Produkten beigegeben worden waren. Wir kennen das.
Auf diesem verschlungenen Weg gelangte Albert Einsteins berühmter Ausspruch zu
Tobias Freude: IMAGINATION IS MORE IMPORTANT THAN KNOWLEDGE. Tobias Freude schnitt
den Satz ohne Umschweife aus je 39 auf 39 cm großen Blöcken, seinem daraus folgenden
Standardmaß, in Untersberger Marmor!
Das Konzept war 2006 somit manifest geworden.
Die lapidare Form der Mitteilung – verwandt mit Jenny Holzers Spruchbändern, den
„truism“, Binsenweisheiten – bewirkt in einer von Werbetexten und optischen Signalen
überfüllten Zeit ein Innehalten und Nachdenken.
Es folgen 2008 HINTERGRUND und ILLUSION, auch erweiterbar zum geschmeidigeren
Liedtitel der Band Imagination aus den 70ern „U u u u a a ILLUSION“, dazu gesellt
sich in dieser Ausstellung als (verlorene) Hohlform in Pappelholz gefräst ein weiterer
Liedtitel der German Trash Metal Band namens Sodom:„the saw is the law“.
Die Themen dieser Schriftbilder illustrieren Popgeschichte und den alltäglichen Sprachgebrauch.
Worte, schon hunderte Male gelesen. EROTISCHES HEIMWEH von 2011
zähle ich auch dazu, denn vom „Monaco Franze“ bis hin zu merkwürdigen Internetforen
berufen sich viele auf diese sprachliche Verortung für „seelische Sehnsucht“. Sprache
funktioniert in erster Linie über das Verstehen. Ein verwandter kultureller Kontext ist
zum Verständnis dieses konzeptionellen Ansatzes von Tobias Freude absolut Bedingung.
Was ist anders, wenn dem „ewigen Stein“ keine memorablen Texte eingeschlagen sind,
sondern scheinbare Banalitäten wie Popmusik-Titel, die sonst nur in kurzlebigen Materialien
zur Sprache kommen. Einfache Worte, zum schnellen Gebrauch bestimmt, finden
sich hier für alle Zeiten in Marmor gemeißelt. Sind sie diesen Aufwand überhaupt
wert?
Selbstverständlich! Die Worte aus Stein bewegen den Verstand! Konfrontation durch
die massive Form und irritierende Sachverhalte lassen die Aufmerksamkeit wachsen.
Tobias Freudes Wortsteine verändern ihre Umgebung nachhaltig. Sie bleiben einfach
stehen, können nicht umgeblättert und weggeklickt werden. Ein schwerwiegender ästhetischer
Eingriff in die Umwelt.
Umso mehr, als die lange Rezeption der „Worte aus Stein“ im deutschsprachigen Raum
speziell ist. Stein ist das „ewige Material schlechthin“. Es taugt für Monumentales und
für Erinnerungskulte. „Das Wort aus Stein“ gehört auch genau aus diesem Grund zu
den Verewigungsformen „“tausendjähriger Reiche“.

Auszug aus der Rede zur Vernissage vom 12. Juli 2012 , Text: Ulrike Knoefeldt-Trost

Artist in Resistance

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